Sudan: Sexuelle Gewalt gegen Kinder

UNICEF fordert dringende internationale Massnahmen zum Schutz und zur Unterstützung von Kindern im Sudan. 

Ein Mädchen schaut beim Fenster hinaus.
Die vierzehnjährige Reem* wurde im Zuge des gewalttätigen Konfliktes im Sudan von bewaffneten Männern vergewaltigt. Sie wurde schwanger und rasch mit einem älteren Mann verheiratet – seitdem wurde sie von ihm wiederholt missbraucht, ihr Kind wurde ihr weggenommen. Reem erhält psychologische und psychosoziale Unterstützung und versucht, ihre traumatischen Erfahrungen aufzuarbeiten, ihre Tochter zu finden und ihre Ausbildung fortzusetzen.

Der Konflikt im Sudan eskaliert weiter. Bewaffnete Männer begehen Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauch an Kindern – darunter sogar an Säuglingen im Alter von nur einem Jahr.

Daten von Dienstleistern für geschlechtsspezifische Gewalt im Sudan zeichnen ein erschütterndes Bild der Krise, der Kinder ausgesetzt sind: Allein seit Anfang 2024 wurden bereits 221 Fälle von Kindesvergewaltigung registriert. 

Diese Zahlen erfassen jedoch nur einen Bruchteil der tatsächlichen Fälle. Viele Überlebende und ihre Familien melden die Verbrechen oft nicht – aus Angst vor Stigmatisierung, Ausgrenzung durch ihre Familie oder Gemeinschaft, Vergeltung durch bewaffnete Gruppen oder aus Sorge um ihre Privatsphäre. 

«Dass Kinder im Alter von nur einem Jahr von bewaffneten Männern vergewaltigt werden, ist zutiefst erschütternd und erfordert sofortiges Handeln», sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. «Millionen Kinder im Sudan sind der Gefahr von Vergewaltigung und anderer Formen sexueller Gewalt ausgesetzt – Gewalt, die als Kriegsstrategie eingesetzt wird. Dies ist ein abscheulicher Verstoss gegen das Völkerrecht und könnte ein Kriegsverbrechen darstellen. Es muss aufhören.» 

Von den 221 gemeldeten minderjährigen Vergewaltigungsüberlebenden sind 147 Kinder (66 %) Mädchen. Dass 33 % der Überlebenden Buben sind, ist ebenfalls dramatisch, da auch sie mit Stigmatisierung und besonderen Herausforderungen konfrontiert sind, wenn es darum geht, sich zu melden, Hilfe zu suchen und Zugang zu Unterstützungsangeboten zu erhalten. 

Erschreckenderweise sind 16 der Überlebenden jünger als fünf Jahre, darunter vier einjährige Kinder. Die Fälle wurden aus neun Bundesstaaten im Sudan gemeldet – von Süden bis Norden, von Osten bis Westen. Darüber hinaus wurden 77 weitere Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder registriert, vor allem versuchte Vergewaltigungen. 

Die brutale Realität dieser Gewalt sowie die Angst, selbst Opfer zu werden, zwingen Frauen und Mädchen dazu, ihre Häuser und Familien zu verlassen und in andere Städte zu fliehen. Dort landen sie oft in informellen Lagern für Binnenvertriebene oder in Aufnahmegemeinschaften mit knappen Ressourcen. Auch innerhalb dieser Gemeinschaften ist das Risiko sexueller Gewalt hoch, insbesondere für Kinder, die bereits vertrieben wurden. 

Während die schwerwiegenden Auswirkungen sexueller Gewalt häufig im Verborgenen bleiben, können sie langfristige und tiefgreifende Folgen nach sich ziehen. Dazu gehören erhebliche psychische Traumata, soziale Isolation, familiäre Ablehnung aufgrund von Stigmatisierung, ungewollte Schwangerschaften, sexuell übertragbare Infektionen, schwere Verletzungen und andere Komplikationen. 

So hilft UNICEF den Opfern sexueller Gewalt 

UNICEF arbeitet mit Partnerorganisationen zusammen, um Schutzzentren einzurichten, die Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt Hilfe bieten. Diese Dienstleistungen werden zudem in Gesundheitseinrichtungen und mobilen Kliniken integriert, die mit medizinischem Notfallmaterial ausgestattet werden. Zudem stärkt UNICEF die Kapazitäten von Sozialarbeitenden, Psychologinnen und Psychologen sowie medizinischem Fachpersonal. Diese Fachkräfte werden in verschiedene Regionen des Sudan entsandt, um gemeindebasierte Dienste anzubieten – darunter psychosoziale Unterstützung und die Vermittlung an spezialisierte Stellen. 

Gleichzeitig setzt sich UNICEF auf Gemeinschaftsebene dafür ein, schädliche soziale Normen und Praktiken zu verändern. 

«Die weit verbreitete sexuelle Gewalt im Sudan versetzt die Menschen in Angst – besonders die Kinder», sagte Russell. «Die Konfliktparteien und diejenigen, die Einfluss auf sie haben, müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um diese schweren Verstösse gegen die Kinderrechte zu beenden. Die Narben dieses Krieges sind unermesslich und werden noch lange bestehen bleiben.» 

UNICEF fordert weiterhin: 

  • Die Regierung des Sudan und alle Konfliktparteien müssen ihre Verpflichtungen gemäss dem humanitären Völkerrecht und den internationalen Menschenrechtsnormen einhalten und die Zivilbevölkerung, insbesondere Kinder, schützen
  • Geschlechtsspezifische Gewalt, einschliesslich sexueller Gewalt als Kriegsstrategie, muss sofort aufhören. 
  • Lebenswichtige Infrastruktur und Dienstleistende müssen geschützt werden, damit ihre lebensrettende Arbeit fortgesetzt werden kann. 
  • Hilfsorganisationen müssen sicher und ungehindert humanitäre Hilfe leisten können, während Familien sicheren Zugang zu dringend benötigter Unterstützung haben müssen. 
  • Sichere und ethische Datensysteme müssen oberste Priorität haben – sowohl zur Verbesserung der humanitären Reaktion als auch zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter. 
  • Programme zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt müssen bei Finanzierungsentscheidungen von Geldgeberinnen und Geldgebern als lebensrettend betrachtet werden. 

Es bleibt wenig Zeit, um eine weitere Verschärfung der sexualisierten Gewalt im Sudan zu verhindern – besonders für Kinder.