Bombardierungen im Libanon: «Kinder leiden, während die Welt zusieht»

Im Libanon sind Kinder zunehmend gefährdet, während das Land unter den anhaltenden Bombardierungen leidet. Diese Angriffe unterbrechen nicht nur die täglichen Lebensabläufe, sondern bedrohen auch grundlegende Gesundheits- und Schutzdienste. Die Gefahren, die von Wasser übertragene Krankheiten wie Cholera, Hepatitis und Durchfall mit sich bringen, werden immer akuter, da Familien auf eine bereits geschwächte Infrastruktur angewiesen sind.

Ein libanesisches Flüchtlingskind isst einen Keks.
Die dreijährige Alaa hält ihren Energiekeks in der Hand, der von der UNICE-unterstützten mobilen Klinik an der syrischen Grenze verteilt wurde. Alaas Familie ist vor der eskalierenden Gewalt im Libanon geflohen und kam am 5. Oktober 2024 an der Grenze in Jdeidet Yabous im Umland von Damaskus, Syrien, an.

Mindestens 28 Wasserversorgungseinrichtungen wurden durch den Konflikt beschädigt, wodurch die Wasserversorgung von mehr als 360 000 Menschen – vor allem im Süden des Landes – beeinträchtigt wurde. Das wahre Ausmass der Schäden an den Wassersystemen ist jedoch wahrscheinlich höher. Denn mehrere betroffene Gebiete sind für die technischen Teams, die die Schäden begutachten, Treibstoff liefern und wichtige Reparaturen durchführen, im Moment noch unzugänglich.

Schäden durch Bombardierung wurden auch an mehreren Schulen, mindestens 15 Krankenhäusern und 70 Zentren für die medizinische Grundversorgung und medizinische Notdienste gemeldet. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums sind derzeit sechs Krankenhäuser ausser Betrieb und weitere fünf nur teilweise in betriebsfähig.

«Mit der zunehmenden Häufigkeit und Intensität der Bombardierungen im Libanon sind erhebliche Schäden an der lebenswichtigen Infrastruktur zu verzeichnen, und Dutzende von medizinischem Personal und Mitarbeitern wichtiger Dienste wurden getötet», sagte der UNICEF-Vertreter im Libanon, Edouard Beigbeder. «Dies ist eine Katastrophe für jedes Kind im Libanon. Im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht müssen das humanitäre Personal und die wichtigsten Dienstleister geschützt werden, die Familien und Kindern unter prekären Bedingungen lebensrettende Hilfe leisten, und die zivile Infrastruktur muss geschützt werden. Die Kinder leiden, während die Welt zusieht, wie diese Gesetze eklatant missachtet werden.»

Während der Zugang zu Dienstleistungen erschwert wird, steigt der Bedarf der Familien rapide an. Humanitäre Organisationen schätzen, dass eine Million Menschen Zugang zu Gesundheits-, Wasser- und Sanitärdiensten benötigen.

In Gebieten wie Beirut und Mount Lebanon haben die Gemeinden Mühe, den wachsenden Bedarf an Wasser, Notunterkünften und lebenswichtigen Hilfsgütern zu decken, da immer mehr vertriebene Familien auf der Suche nach Sicherheit und Unterstützung eintreffen. Nach Regierungsangaben sind schätzungsweise 400 000 Kinder vertrieben worden.

Die Risiken für Kinder sind akut. Ohne Zugang zu sauberem Wasser sind Kinder der Gefahr ausgesetzt, sich mit durch Wasser übertragenen Krankheiten wie Cholera oder Durchfall anzustecken, die ohne angemessene Behandlung zu Dehydrierung und Tod führen können. Der erhöhte Druck und die Unterbrechung der Gesundheitsdienste verstärken diese Risiken. Es besteht die Gefahr, dass sich andere Krankheiten unter den vertriebenen Familien ausbreiten, insbesondere in überfüllten Gebieten ohne Zugang zu Hygieneartikeln und sanitären Einrichtungen. UNICEF hat bereits Berichte über Krätze und Läuse bei Kindern in Notunterkünften erhalten. Ausserdem steigt die Sorge über die wachsende Gefahr der Ausbreitung von Atemwegsinfektionen in den kommenden Wochen, da das Wetter zunehmend kälter und feuchter wird. Tausende von Menschen leben nach wie vor auf der Strasse – ohne angemessene Unterkunft, Bettzeug oder Kleidung.

Durch die massive Zunahme der Vertreibung und die Unterbrechung der Versorgungsleistungen besteht auch für Kinder die Gefahr, dass sie von ihren Familien getrennt werden. Seit dem 8. Oktober 2023 haben UNICEF und seine Partner 67 unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder identifiziert und seither 65 dieser Kinder wieder mit ihren Familien zusammengeführt. Wenn Kinder nicht zur Schule gehen, sind sie auch einem erhöhten Risiko von Verletzungen, Missbrauch oder Kinderarbeit ausgesetzt. 

UNICEF fordert alle Beteiligten auf, die Kinder vor Schaden zu bewahren und ihnen den besonderen Schutz zu gewähren, auf den sie gemäss ihren Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten Anspruch haben. «Vor allem brauchen die Kinder im Libanon einen Waffenstillstand“, sagte Beigbeder. „Nur so können wir sie schützen und sicherstellen, dass die Hilfe, die sie brauchen, sicher und in grossem Umfang geliefert werden kann.»