Kindsanhörung in Zivilverfahren.
Schweiz und Liechtenstein. Gemeinsam mit dem Marie Meierhofer Institut für das Kind (MMI) veröffentlichte UNICEF Schweiz und Liechtenstein 2023 zwei neue Publikationen zum Anhörungsrecht von Kindern und Jugendlichen in Zivilverfahren: einen Leitfaden für Fachpersonen und eine Aufklärungsbroschüre für Kinder und Jugendliche. Die beiden Publikationen wurden im Rahmen eines Workshops bei der «Fachtagung Kindesschutz 2023» erstmalig vorgestellt. Das MMI bietet regelmässig Fortbildungen für Fachpersonen an, die Anhörungen durchführen.
UNICEF setzt sich für dieses Thema ein, denn gerade in emotional aufgeladenen Angelegenheiten, wie z.B. Scheidungen, geht oft unter, dass Kinder auch eine Meinung haben und ein Recht, dass diese bei Entscheiden berücksichtigt wird. Dieses Kinderrecht auf Anhörung wird nicht nur von der Kinderrechtskonvention (Artikel 12) anerkannt, sondern auch vom schweizerischen Zivilgesetzbuch (Artikel 314a) und von der Zivilprozessordnung (Artikel 298). Studien belegen jedoch, dass die Umsetzung der Kindesanhörung in der Schweiz unzureichend ist und kantonale Unterschiede bestehen. Lediglich zehn Prozent der Kinder, denen eine Anhörung zusteht, werden tatsächlich angehört. Auch der Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen attestiert der Schweiz Versäumnisse im Hinblick auf die Kindesanhörung.
Gerade in emotional schwierigen und entscheidenden Lebenssituationen ist es besonders wichtig, dass die Interessen und Meinungen von Kindern und Jugendlichen nicht vergessen werden. Ihre Meinungen und Bedürfnisse müssen ernst genommen werden und in den Entscheidungsprozess einfliessen. Das bedeutet nicht automatisch, dass dem Willen von Kindern und Jugendlichen immer entsprochen werden muss. Oberste Richtschnur bei Entscheiden ist stets das Kindeswohl. Wesentlich dabei ist aber, Kinder und Jugendliche altersgerecht einzubeziehen und aufzuklären, besonders auch wenn gegen ihren Willen entschieden werden muss. Die Kindesanhörung ist ein essenzielles Instrument, um die Partizipation von jungen Menschen zu gewährleisten.
Kinder in Verfahren aktiv einzubeziehen und ihre Meinung ernst zu nehmen, ist leichter gesagt als getan. Deshalb hat UNICEF Schweiz und Liechtenstein gemeinsam mit dem MMI zwei neue Publikationen erarbeitet, die vom Bundesamt für Sozialversicherungen mitfinanziert wurden.
Beide Publikationen sind auf Deutsch, Französisch und Italienisch kostenlos bestellbar und stehen als Download zur Verfügung: Publikationen