Mehrere Millionen Kinder sind weltweit von Gewalt, Körperstrafen, sexuellem Missbrauch und Totschlag bedroht

Zürich/New York/Genf, 1. November 2017 – Erschreckend viele Kinder – manche von ihnen erst zwölf Monate alt – erleben Gewalt. Oft wird diese durch die Betreuungspersonen selbst verübt, wie UNICEF in einem neuen, heute veröffentlichten Bericht erklärt.

Wie ein neuer Bericht mit erschütternden Ergebnissen zeigt, ist Gewalt gegen Kinder – manche von ihnen sind erst ein Jahr alt – innerhalb der Familie, in der Schule und in der Gemeinschaft allgegenwärtig.

«Der Schaden, der Kindern auf der ganzen Welt zugefügt wird, ist wirklich besorgniserregend», sagt Cornelius Williams, Leiter des UNICEF Kinderschutzprogrammes. «Babys, die ins Gesicht geschlagen werden, Mädchen und Knaben, die zu sexuellen Handlungen gezwungen werden, Jugendliche, die in ihrer Gemeinschaft ermordet werden – vor Gewalt gegen Kinder ist niemand gefeit und sie kennt keine Grenzen.»

Der Bericht «Ein vertrautes Gesicht: Gewalt im Leben von Kindern und Jugendlichen» basiert auf den neusten Daten und zeigt, dass Gewalt gegen Kinder bei Kindern jedes Alters und unabhängig der Situation oder des Hintergrunds geschieht:

Gewalt gegen Kleinkinder innerhalb der Familie:

  • Drei Viertel der 2- bis 4-jährigen Kinder weltweit – das sind rund 300 Millionen – erleben psychische Gewalt und/oder körperliche Strafen durch ihre Betreuungspersonen zu Hause.
  • Rund 6 von 10 einjährigen Kindern in 30 Ländern, für welche Daten zur Verfügung stehen, erleiden regelmässig gewaltsame Körperstrafen. Fast ein Viertel der Einjährigen wird geschüttelt und rund 1 von 10 erhält Schläge ins Gesicht, auf den Kopf oder auf die Ohren.
  • Weltweit lebt 1 von 4 Kindern unter fünf Jahren – also 177 Millionen – mit einer Mutter, die durch ihren Partner Gewalt erlebt.

Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Knaben:

  • In der befragten Altersgruppe von 15 bis 19 Jahren haben weltweit rund 15 Millionen Mädchen in ihrem Leben bereits erzwungenen Geschlechtsverkehr oder andere erzwungene sexuelle Handlungen erfahren.
  • Nur 1 Prozent der Mädchen, die sexuelle Gewalt erlebt hatten, gab an, professionelle Hilfe gesucht zu haben.
  • In den 28 Ländern, zu denen Daten vorliegen, gaben durchschnittlich 90 Prozent der Mädchen, die sexuelle Gewalt erlebt hatten an, dass sie den Täter des ersten Übergriffs kannten. In Bezug auf sexuelle Gewalt an Knaben belegen Daten aus sechs Ländern, dass Freunde, Klassenkameraden und Partner am häufigsten als Täter genannt wurden.

Gewaltsame Todesfälle unter Jugendlichen:

  • Weltweit stirbt alle sieben Minuten ein Jugendlicher durch Gewalt.
  • In den USA haben nichthispanische afroamerikanische Knaben im Alter zwischen 10 und 19 Jahren ein fast 19-mal höheres Risiko, ermordet zu werden, als nichthispanische weisse Knaben im selben Alter. Würde man die Mordrate unter nichthispanischen afroamerikanischen Knaben auf die gesamte Nation anwenden, wäre die USA unter den Top Ten der gefährlichsten Länder der Welt.
  • Im Jahr 2015 war das Risiko für einen nichthispanischen afroamerikanischen männlichen Jugendlichen in den USA ermordet zu werden gleich gross wie das Risiko im vom Krieg zerrütteten Südsudan Opfer kollektiver Gewalt zu werden.
  • Lateinamerika und die Karibik ist die einzige Region, in welchen die Mordrate unter Jugendlichen angestiegen ist. Fast die Hälfte aller weltweiten Mordfälle unter Jugendlichen ereignete sich 2015 in dieser Region.

Gewalt an Schulen:

  • Die Hälfte der Kinder im Schulalter – 732 Millionen – lebt in Ländern, in denen körperliche Bestrafung in der Schule nicht gänzlich verboten ist.
  • In den letzten 25 Jahren ereigneten sich drei Viertel der dokumentierten Schiessereien an Schulen in den USA.

In der gesamten Arbeit von UNICEF hat die Beendigung von Gewalt höchste Priorität. Dazu gehört auch die Unterstützung staatlicher Bemühungen zur Verbesserung der Dienstleistungen für Kinder die Opfer von Gewalt geworden sind, die Entwicklung von Strategien und gesetzlichen Richtlinien zum Schutzvon Kindern und Hilfeleistungen für Gemeinschaften, Eltern und Kinder, um Gewalt mittels praktischer Programme wie Erziehungskursen für Eltern und Massnahmen gegen häusliche Gewalt zu verhindern.

Um die Gewalt gegen Kinder zu beenden, ruft UNICEF die Regierungen zu Sofortmassnahmen auf. Weiter ruft UNICEF zur Unterstützung der INSPIRE Richtlinien auf, ein Übereinkommen der WHO, UNICEF und der Globalen Partnerschaft zur Beendigung von Gewalt. Dazu gehören:

  • Die Erstellung nationaler Pläne, umGewalt gegen Kinder zu beenden – unter Einbezug von Erziehung, sozialer Wohlfahrt, Justiz und Gesundheitswesen sowie der Gemeinschaften und der Kinder selbst.
  • Die Verhaltensänderung bei Erwachsenen und die Thematisierung von Faktoren, die zur Gewalt gegen Kinder beitragen. Dazu gehören auch ökonomische und soziale Ungerechtigkeit, soziale und kulturelle Normen, die Gewalt tolerieren, unzulängliche Strategien und gesetzliche Richtlinien, ungenügende Dienstleistungen für Opfer sowie unzureichende Investitionen in wirksame Systeme zur Verhinderung und im Umgang mit Gewalt.
  • Die Fokussierung auf nationale Gesetzgebungen zur Minimierung gewaltsamer Verhaltensmuster, zur Verringerung von Ungerechtigkeiten und zur Begrenzung des Zugangs zu Schuss- und anderen Waffen.
  • Der Aufbau von sozialen Einrichtungen und die Ausbildung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, um ärztliche Überweisungen, Beratung und therapeutische Dienste für Kinder anzubieten, die Opfer von Gewalt geworden sind.
  • Die Schulung von Kindern, Eltern, Lehrern und Gemeinschaftsmitgliedern, um Gewalt in all ihren Ausprägungen zu erkennen und Die Erhebung besser aufgeschlüsselter Daten zur Gewalt gegen Kinder und die Nachverfolgung des Fortschritts durch solides Monitoring und Auswertungen.

Multimedia-Inhalte sind hier verfügbar.

Der vollständige Bericht auf Englisch zum Download

Key Findings auf Englisch zum Download

Zur Vertiefung der Studie veranstaltet UNICEF Schweiz am 15. November ein Mediengespräch mit internationalen UNICEF Kinderschutz-Experten, die zur Studie Auskunft geben.

Kontakt für Medien:

Charlotte Schweizer
Mediensprecherin
UNICEF Schweiz
Tel. 044 317 22 41
E-Mail: [email protected]