Jedes Unternehmen steht mit Kindern in Kontakt. Die möglichen Auswirkungen von Unternehmen auf Kinder und deren Rechte sind vielfältig. Während sich jedoch viele Unternehmen mit dem Risiko von Kinderarbeit beschäftigen, finden andere wichtige Berührungspunkte kaum Beachtung.
In einer Bergbauregion in Peru übernimmt ein internationales Unternehmen eine lokale Mine. Die Mine wird grossräumig eingezäunt, die Bewohner*innen der umliegenden Dörfer müssen umziehen. Ein Grossteil des Spielraums, in welchem die Kinder der Region früher gespielt haben, wird damit unzugänglich.
In New York stehen Kinder vor dem Süssigkeiten-Regal und können sich nicht entscheiden. Alle Produkte sind auf ihrer Augenhöhe aufgereiht und locken mit knalligen Farben und Bildern ihrer geliebten Comic-Figuren.
In einer ländlichen Region in Ghana schläft ein Kind in der Schule ein. Es ist geschafft von der strengen Arbeit auf der Plantage. Die Eltern des Kindes verdienen mit dem Kakao-Anbau zu wenig, um Arbeiter*innen anzustellen. Sie müssen deshalb auf die Unterstützung ihres Kindes zurückgreifen.
In Zürich ist eine Mutter auf dem Weg zu ihrem ersten Arbeitstag nach ihrer Mutterschaftszeit. Da an ihrem Arbeitsort keine Stillräumlichkeiten bestehen, hat sie aufgehört, ihr Kind zu stillen.
Dies sind einige Beispiele dafür, welchen Einfluss Unternehmen direkt oder indirekt auf Kinder und deren Rechte haben. Jedes Unternehmen kommt unweigerlich mit Kindern in Kontakt – schliesslich machen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren fast einen Drittel der Weltbevölkerung aus. Kinder sind für jedes Unternehmen eine zentrale Anspruchsgruppe: Sie sind Konsument*innen, Kinder von Angestellten, Gemeindemitglieder, jugendliche Arbeitnehmer*innen, zukünftige Angestellte und Geschäftsleiter*innen. Durch ihre Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen haben Unternehmen ein enormes Potential, das Leben und die Entwicklung von Kindern zu beeinflussen – sowohl positiv wie auch negativ.
Negative Auswirkungen unternehmerischer Aktivitäten auf Kinder sind in allen Staaten weltweit ein Risiko. Jedoch wird das Thema selten umfassend angegangen: Viele Unternehmen und Regierungen erkennen zwar die Kinderarbeit als wichtiges Problem an. Doch ist Kinderarbeit – wenn auch ein besonders gravierendes - nur eines von vielen Risiken, die unternehmerische Aktivitäten bergen können. Zu oft beginnt und endet das Gespräch über Wirtschaft und Kinderrechte mit Kinderarbeit.
Um die Vielfalt von Berührungspunkten und Einflussmöglichkeiten von Unternehmen auf Kinder und deren Rechte aufzuzeigen, haben UNICEF, der UN Global Compact und Save the Children vor 10 Jahren die Leitlinien Kinderrechte und unternehmerisches Handeln veröffentlicht. Die Leitlinien unterstützen Unternehmen dabei, potenzielle oder tatsächliche negative Auswirkungen ihres Handelns auf Kinder und ihre Rechte zu erkennen, ihnen vorzubeugen oder sie zu beenden. Gleichzeitig beschreiben sie eine ganze Reihe konkreter Massnahmen, wie Unternehmen ihre Sorgfalt gegenüber Kindern wirksam umsetzen können.
Der Grundstein dafür wurde ein Jahr zuvor mit der Verabschiedung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gelegt. Seit der Veröffentlichung dieser wichtigen Standards ist die Anerkennung der Bedeutung der sozialen Dimension der globalen Nachhaltigkeit stark gestiegen. Doch bis zur systematischen Umsetzung dieser Richtlinien ist es noch ein weiter Weg.
Heute, nach 10 Jahren, gibt es zwar viele positive Beispiele von Unternehmen, die ihre Verantwortung gegenüber Kindern wahrnehmen. Wir sind aber noch weit davon entfernt, dass alle Unternehmen einerseits die nötigen Entscheidungen treffen, jedoch auch die nötigen Ressourcen, das Wissen und die Kapazitäten haben, um sicherzustellen, dass Unternehmen die Rechte aller Kinder überall respektieren.
Um zu erfahren, inwiefern Schweizer und Liechtensteiner Unternehmen die Kinderrechte in ihrem Arbeitsalltag berücksichtigen, lancieren UNICEF Schweiz und Liechtenstein und das UN Global Compact Netzwerk Schweiz und Liechtenstein eine Studie zu diesem Thema. Die Studie will feststellen, wie Unternehmen in der Schweiz und in Liechtenstein die Kinderrechte angehen, welchen Kenntnisstand sie zum Thema Kinderrechte haben, welche Priorität sie den Kinderrechten zuweisen und welchen Herausforderungen sie dabei gegenüberstehen. Die Studie soll auch dazu beitragen, Unternehmen bei der Berücksichtigung der Kinderrechte in ihrem Geschäftsalltag künftig besser und zielgerichteter unterstützen zu können.
Kinder sind unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Die Art, wie sie heute Aufwachsen, hat langfristige Folgen – im positiven wie auch im negativen. Unternehmen, die die Kinderrechte umfassend berücksichtigen, investieren deshalb in ein besseres Heute und ein besseres Morgen.