Blockade von Hilfslieferungen verstösst gegen humanitäres Völkerrecht und hat verheerende Folgen für Kinder.
Die Blockade von humanitärer Hilfe hat laut UN-Kinderhilfswerk UNICEF verheerende Folgen für eine Million Kinder im Gazastreifen. Seit dem 2. März wurde keine Hilfe mehr in den Gazastreifen gelassen. Dies führt zu Engpässen bei Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, Unterkünften und medizinischer Versorgung. Ohne diese überlebenswichtigen Güter werden Unterernährung, Krankheiten und andere vermeidbare Leiden wahrscheinlich zunehmen und zu einem Anstieg vermeidbarer Todesfälle bei Kindern führen.
«UNICEF hat Tausende Paletten mit Hilfsgütern bereitstehen, um sie in den Gazastreifen zu bringen», sagte Edouard Beigbeder, UNICEF-Regionaldirektor für den Nahen Osten und Nordafrika. «Es handelt sich hauptsächlich um lebenswichtige Hilfsgüter – doch statt Leben zu retten, liegen sie im Lager. Sie müssen sofort nach Gaza hineingelassen werden. Was wir fordern, ist keine Frage von Wahl oder Wohltätigkeit, sondern eine völkerrechtliche Verpflichtung.»
Kinder, die wegen Mangelernährung behandelt werden, sind in ernster Gefahr. 21 Behandlungszentren – 15 Prozent aller ambulanten Einrichtungen – sind seit dem 18. März 2025 aufgrund von Vertreibung oder Bombardierungen geschlossen. Die 350 Kinder, die auf diese Behandlung angewiesen sind, sind nun in Gefahr von noch schwererer, lebensbedrohlicher Mangelernährung.
UNICEF hat bisher ergänzende Babynahrung zur Verfügung gestellt. Doch die Vorräte dieser Hilfsgüter - wichtig für das Wachstum bei einem Mangel an Lebensmitteln – sind in Zentral- und Süd-Gaza aufgebraucht. Es ist nur noch genug gebrauchsfertige Säuglingsnahrung (RUIF) für 400 Kinder für einen Monat vorhanden. UNICEF schätzt, dass fast 10 000 Babys unter sechs Monaten Säuglingsnahrung benötigen. Ohne die gebrauchsfertige Babynahrung könnten Familien gezwungen sein, auf Alternativen zurückzugreifen, die mit unsicherem Wasser gemischt werden müssen.
Neben den Ernährungshilfen ist UNICEF aufgrund der Kämpfe und Vertreibungen gezwungen, die psychosoziale Unterstützung für Kinder, Minenaufklärung und Kinderschutz-Angeboten einzuschränken.
Trinkwasserversorgung in Gefahr
Während der Waffenruhe hatte UNICEF mit der Reparatur wichtiger Brunnen und Wasserstellen begonnen, um die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser zu erhöhen. Nach dem Scheitern der Waffenruhe sind viele Brunnen noch immer nicht repariert und von neuen Beschädigungen bedroht. Im Norden sind Familien nun vollständig auf Wasserlieferungen per Lastwagen angewiesen.
In den zentralen und südlichen Gebieten haben Stromausfälle in der südlichen Entsalzungsanlage die Wasserproduktion um 85 Prozent reduziert. Die Hauptwasserleitung wurde beschädigt und ist für Reparaturen nicht zugänglich. Der Zugang zu Trinkwasser für eine Million Menschen, darunter 400 000 Kinder, ist von 16 Litern pro Person und Tag auf nur noch sechs Liter gesunken. Sollte in den kommenden Wochen der Treibstoff ausgehen, könnte die Wasserversorgung pro Person auf unter vier Liter sinken. Das würde Familien dazu zwingen, unsicheres Wasser zu verwenden, was das Risiko von Krankheitsausbrüchen, insbesondere bei Kindern, erhöht.
«Im Interesse von über einer Million Kindern im Gazastreifen fordern wir die israelischen Behörden dringend auf, gemäss ihren Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht zumindest die Grundbedürfnisse der Menschen zu decken», sagte Beigbeder. «Dazu gehört auch ihre rechtliche Verantwortung, die Versorgung der Familien mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen, die sie zum Überleben benötigen.»
UNICEF leistet weiter Nothilfe vor Ort in Gaza
Trotz der äusserst schwierigen Lage sind UNICEF und seine Partner weiterhin vor Ort und leisten Nothilfe. So hat UNICEF die Wiederaufnahme der Neugeborenen-Versorgung im Norden des Landes unterstützt und 21 Beatmungsgeräte bereitgestellt, um das Leben von 150 Neugeborenen zu retten. UNICEF unterstützt den Zugang zu Trinkwasser für Hunderttausende Menschen. Mehr als 7 800 Kinder unter zwei Jahren wurden mit gebrauchsfertiger Beikost versorgt und mehr als 33 500 Kinder auf akute Mangelernährung untersucht. Mehr als 300 Kinder wurden mit ihren Eltern wiedervereint, nachdem sie bei der Vertreibung oder schweren Angriffen von ihren Familien getrennt worden waren.
UNICEF ruft die Konfliktparteien weiterhin dazu auf, die Feindseligkeiten einzustellen und die Waffenruhe wiederherzustellen. Humanitäre Hilfe und Handelsgüter müssen in den Gazastreifen gelangen und dort frei bewegt werden können. Kranke und verletzte Kinder müssen zur medizinischen Versorgung evakuiert werden. Zivilisten, darunter Kinder und humanitäre Helfer, sowie die verbleibende wichtige Infrastruktur müssen geschützt werden. Alle Geiseln müssen freigelassen werden.
UNICEF fordert Staaten mit Einfluss ausserdem dringend auf, ihre Beziehungen zu den Konfliktparteien zu nutzen, um den Konflikt zu beenden und die Einhaltung des Völkerrechts sicherzustellen. Dazu gehört insbesondere der Schutz von Kindern, die von einem bewaffneten Konflikt betroffen sind.