Kinderrechte im digitalen Raum – Stärkung der Medienkompetenz statt Verbote

Kinderrechte sind auch im digitalen Raum umzusetzen. UNICEF Schweiz und Liechtenstein plädiert für einen ausgewogenen kinderrechtebasierten Ansatz, welcher Digitalisierung und Kinderschutz in Einklang bringt. Und eine Politik, welche die Rechte von Kindern auf Schutz, Förderung und Beteiligung auch online in den Mittelpunkt stellt.

Jugendlicher am Smartphone

Während die digitale Welt durchaus Gefahren und Risiken für Kinder birgt, bietet sie auch zahlreiche Chancen. Pauschale Verbote, wie sie in einigen Ländern diskutiert werden, sind aus kinderrechtlicher Sicht kritisch zu betrachten. Solche Verbote lösen die zugrundeliegenden Ursachen nicht und können zu einer Verlagerung der Nutzung in den illegalen Bereich führen und die Problematik verschärfen.

Kinder sind online vielfältigen Risiken ausgesetzt. Sie kommen im Internet oftmals schon früh mit sexualisierten Inhalten oder Gewalt in Kontakt. Auch Cybermobbing, Kontakt zu Fremden oder der Konsum ungeeigneter Inhalte stellen erhebliche Gefahren dar. Zudem können sich soziale Kontakte und Interaktionen verändern, ständiges Online-Sein und übermässige Screen-Time belasten zusätzlich. All dies kann sich auf die physische und psychische Gesundheit negativ auswirken.

Den Zugang zum digitalen Raum durch Verbote einzuschränken, greift jedoch zu kurz, da diese die zugrundeliegenden Ursachen – wie mangelnde Medienkompetenz oder dass viele Technologien nicht mit dem Blick auf Kinder entwickelt wurden – nicht adressieren und Kinder zu einer Nutzung im Verborgenen treiben. Das kann dazu führen, dass sie sich stärker auf inoffiziellen oder unregulierten Plattformen bewegen. Dadurch potenzieren sich die Risiken. Die Mediennutzung würde verstärkt vor Eltern und Bezugspersonen verheimlicht werden. So kann keine offene Kommunikation mehr stattfinden. Und gerade das ist wichtig, damit Kinder lernen, sich kritisch mit der digitalen Welt auseinanderzusetzen und Medienkompetenz aufzubauen. Dazu zählen der verantwortungsbewusste Umgang, das Hinterfragen der Inhalte und des eigenen Medienkonsums sowie ein technisches Verständnis und die kompetente Handhabung. Verbote sind demnach keine Lösung, sondern können sogar kontraproduktiv wirken.

Die Teilhabe an der digitalen Welt ist ein wichtiger Baustein für Kinder, damit sie ihre Potenziale voll ausschöpfen und sie bestmöglich auf die Zukunft in einer digitalisierten Welt vorbereitet werden. Kinder nutzen das Internet, um zu lernen, sich mit anderen zu vernetzen und sich auszudrücken. Der digitale Raum ist ein integraler Bestandteil des täglichen Lebens vieler Kinder. Es gilt den Umgang damit genauso zu lernen wie Schreiben und Rechnen. Der digitale Raum bietet auch Chancen, die Diskriminierung zu reduzieren und eine inklusivere Gesellschaft zu schaffen. Die Verfolgung eines kindzentrierten Ansatzes ermöglicht, Kinder stärker zu integrieren und aktiv zu involvieren. Dadurch können auch vulnerable Gruppen erreicht werden, die sonst zu physischen Förder- und Partizipationsmöglichkeiten keinen oder eingeschränkten Zugang haben.

UNICEF Schweiz und Liechtenstein setzt sich für einen sicheren und kinderfreundlichen digitalen Raum ein, der sich an Kinderrechten orientiert. In Bezug auf die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes (KRK) tragen der Staat und seine Institutionen die Hauptverantwortung. Für einen kindgerechten digitalen Raum braucht es jedoch alle – so auch Unternehmen und die Zivilgesellschaft. Um einen digitalen Raum zu gestalten, in dem sich Kinder sicher und verantwortungsbewusst bewegen können, bedarf es der:

  • Umsetzung der Kinderrechte online: Die in der Kinderrechtskonvention definierten Rechte auf Schutz, Förderung und Beteiligung müssen auch im digitalen Raum gewährleistet sein. Dazu gehören unter anderem auch die Rechte auf Nicht-Diskriminierung (KRK Art. 2), Privatsphäre (KRK Art. 16), Meinungsäusserung (KRK Art. 13) und Information (KRK Art. 17). Die Umsetzung der Kinderrechte in der digitalen Welt ist eine globale Herausforderung, welche der internationalen Zusammenarbeit bedarf und gleichzeitig Massnahmen auf nationaler und kommunaler Ebene erfordert. Entsprechende Strategien, Konzepte und Massnahmenpläne sind auf sämtlichen politischen Ebenen notwendig und in Zusammenarbeit mit Unternehmen und der Gesellschaft zu entwickeln und umzusetzen.
  • Einbindung von Unternehmen: Das Internet und viele Technologien wurden nicht mit Blick auf Kinder und ihre Rechte entwickelt. Daher gilt es jetzt nachzubessern. Unternehmen müssen ihre Plattformen und digitalen Technologien kindgerecht gestalten und Massnahmen zum Schutz der Privatsphäre und Unversehrtheit von Kindern ergreifen. Dies beinhaltet beispielsweise altersgerechte Einstellungen und Inhaltsfilter, transparente Datenschutzbestimmungen und effektive Massnahmen gegen Hassreden und Cybermobbing.
  • Stärkung digitaler Fähigkeiten: Durch Förderung der Medienkompetenz erhalten Kinder frühzeitig die Möglichkeit, Fähigkeiten zu entwickeln, um sich in der digitalen Welt zurechtzufinden und sicher zu bewegen. Kinder, aber auch Eltern und Betreuungspersonen, müssen dabei unterstützt werden, die Chancen und Risiken der digitalen Welt zu erkennen und entsprechend damit umzugehen. Es braucht hochwertige, altersgerechte und pädagogisch wertvolle Angebote für Kinder. Es gilt, gezielte Programme zur Förderung der Medienkompetenz zu unterstützen und Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, eine sichere digitale Umgebung zu schaffen.

UNICEF Schweiz und Liechtenstein fordert eine Politik, welche die Rechte von Kindern auf Schutz, Förderung und Beteiligung auch online in den Mittelpunkt stellt. Ein kinderfreundlicher digitaler Raum kann durch die Kombination von Kompetenzerwerb, technischen Massnahmen und Regulierung verwirklicht werden. Eine digitale Welt, in der Kinder sicher und selbstbestimmt aufwachsen können erfordert das Zusammenspiel aller: Bezugspersonen, Fachkräfte, Politik und Wirtschaft. Die Kinderrechte bilden dabei den Kompass, der alle Entscheidungen leiten soll.

  • Auf unserer Seite Kinderrechte digital erfahren Sie mehr über unsere Arbeit zum Thema. UNICEF Schweiz und Liechtenstein erarbeitet derzeit die Publikation «Kinderrechte im digitalen Raum», welche Anfang 2025 veröffentlicht wird.
  • Der UN-Kinderrechtsausschuss, das oberste Kontrollorgan zur Umsetzung der Kinderrechte, ordnet in General Comment 25 den Zusammenhang zwischen Kinderrechten und der digitalen Welt ein. Dabei wird betont, dass der Zugang zu digitalen Technologien Kindern dabei helfen kann, ihre Rechte in vollem Umfang wahrzunehmen.
  • Das Policy Brief von UNICEF «Protecting Children From Violence and Exploitation in Relation to the Digital Environment» enthält konkrete Massnahmen in fünf Handlungsfeldern für Regierungen.
  • Der Ratgeber Medienkompetenz der ZHAW bietet praktische Tipps für Kinder Eltern und Betreuungspersonen.