Stellungnahme der UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell zur Lage im Sudan.
«Der brutale Krieg im Sudan treibt das Land auf eine Hungersnot und einen katastrophalen Verlust an Menschenleben zu, wovon insbesondere Kinder betroffen sind. In der derzeit weltweit grössten Vertreibungskrise für Kinder verschärft sich die schwere Mangelernährung bei Kleinkindern über die schlimmsten Prognosen hinaus, und es gibt Ausbrüche von Cholera, Masern und Malaria.
Es gibt auch Hinweise auf einen Anstieg der durch Mangelernährung bedingten Todesfälle bei Kindern, insbesondere bei vertriebenen Kindern. Im Januar 2024 ergab eine Untersuchung von ‘Ärzte ohne Grenzen’ im Camp Zamzam in Nord-Darfur, dass die Mangelernährung und die Sterblichkeitsrate über dem kritischen Niveau liegen. Von UNICEF und Partnern im Februar 2024 in den Bundesstaaten Zentral-Darfur und Gezira durchgeführte Massenuntersuchungen zur Ernährung von Kindern ergaben ein alarmierendes Ausmass an Auszehrung bei Kindern. Und im Februar bestätigte das staatliche Gesundheitsministerium in West-Darfur den Tod von 14 Kindern aufgrund von Mangelernährung. Sie starben in ihren Häusern.
All das geschieht vor der jährlichen sogenannten «lean season» (Anmerkung der Redaktion: Das ist die Zeit zwischen dem Moment, wo die letzte Ernte aufgebraucht und die neue Ernte bereit ist.), die in den kommenden Wochen beginnt - und in der sich die Situation der Mangelernährung nur noch verschlimmern wird.
Im Jahr 2023 verzeichnete UNICEF in den Gebieten, zu denen UNICEF und seine Partner Zugang hatten, eine Rekordzahl von Kindern, die eine Behandlung gegen lebensbedrohliche schwere akute Mangelernährung (SAM) - die tödlichste Form der Mangelernährung - benötigten. In den Gebieten, zu denen wir weniger Zugang haben, erhielten jedoch nur 37 Prozent der schätzungsweise 120 000 Kinder, die an SAM leiden, die lebensrettende Behandlung, die sie benötigen - die grosse Mehrheit von ihnen vor Ausbruch des Konflikts im April.
In diesem Jahr leben fast drei Viertel der insgesamt 3,7 Millionen Kinder, die dringend Ernährungshilfe benötigen, in 135 Orten, die als schwer erreichbar eingestuft werden. Mehr als die Hälfte der Kinder, die an SAM leiden, leben in Darfur, Khartum und Kordofan, wo es grosse Gebiete gibt, in denen die Hilfe über Konfliktlinien oder Grenzen hinweg geleistet werden muss.
Die betroffenen Gemeinden stehen am Rande einer Hungersnot, weil wir viele der notleidenden Kinder, Frauen und Familien nicht erreichen können. Das ist inakzeptabel. Wir müssen jetzt handeln und unsere Arbeit massiv ausweiten, um die gefährdeten Kinder und Frauen zu identifizieren und sie mit lebensrettenden Hilfsgütern und medizinischer Versorgung zu erreichen, einschliesslich essenzieller Nahrungsmittel, Impfstoffe und sicherem Wasser.
Dazu müssen die Konfliktparteien einen raschen, dauerhaften und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe ermöglichen - sowohl über die Konfliktlinien innerhalb des Sudans als auch über die Grenzen zu den Nachbarländern hinweg. Der Tschad stellt eine wichtige Verbindung zu den Menschen in Darfur dar, und der Zugang über seine Grenze ist nach wie vor entscheidend, ebenso wie der Zugang über den Südsudan. Ausserdem müssen die Telekommunikationsnetze einwandfrei funktionieren, damit gefährdete Kinder identifiziert und weitergeleitet werden können und damit die humanitären Partner dringende Bedürfnisse weiterleiten können.
Von der internationalen Gemeinschaft benötigen wir bis Ende März eine massive Ressourcenmobilisierung, damit die humanitären Partner rechtzeitig die nötigen Hilfsgüter und Kapazitäten vor Ort bereitstellen können, um die drohende humanitäre Katastrophe zu vermindern. Allein UNICEF benötigt dringend 240 Millionen US-Dollar für seine Massnahmen zur Verhinderung einer Hungersnot.
Die Kinder können nicht warten, bis die Welt entschieden hat, ob im Sudan eine Hungersnot herrscht. Sie brauchen jetzt dringend Hilfe.»