Sudan: Zahl notleidender Kinder verdoppelt

Seit Kriegsbeginn hat sich die Zahl notleidender Kinder im Sudan von 7,8 auf 15 Millionen verdoppelt. Krieg, Hunger und Krankheiten treiben das Land in eine humanitäre Katastrophe. UNICEF ruft zu dringender internationaler Unterstützung auf.

Mädchen im Sudan mit Mangelernaehrung
Ein Mädchen wird in einem Gesundheitszentrum in Kassala, Sudan wegen Mangelernährung behandelt.

Im Sudan hat sich die Zahl der Kinder, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, seit Kriegsbeginn verdoppelt – von 7,8 Millionen Anfang 2023 auf heute über 15 Millionen. Ohne rasches Handeln droht die humanitäre Krise in eine noch grössere Katastrophe zu kippen. Gewalt gegen Kinder, Hunger und Krankheiten nehmen dramatisch zu. Familien werden weiterhin vertrieben, Hilfsorganisationen haben immer weniger Zugang, und mit der Regenzeit von Mai bis Oktober drohen Überschwemmungen, Mangelernährung und Seuchenausbrüche.

«Zwei Jahre Gewalt und Vertreibung haben das Leben von Millionen Kindern im Sudan zerstört. Der Bedarf übersteigt die verfügbaren Mittel bei Weitem», sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. «Mit Beginn der Regenzeit werden mangelernährte und kranke Kinder noch schwerer erreichbar. Die internationale Gemeinschaft muss dieses Zeitfenster nutzen und für Sudans Kinder einstehen.»

Der Sudan erlebt derzeit die weltweit grösste humanitäre Krise und die grösste Vertreibungskrise von Kindern. Von den über 30 Millionen Menschen, die dieses Jahr Hilfe brauchen, ist die Hälfte minderjährig. Fast 15 Millionen Menschen wurden innerhalb des Landes oder über Grenzen hinweg vertrieben – mehr als die Hälfte davon sind Kinder. Fast jedes dritte betroffene Kind ist jünger als fünf Jahre. In Regionen, wo Rückkehr möglich scheint, gefährden Blindgänger und fehlende Basisdienste das Leben der Kinder zusätzlich. Die Hungersnot breitet sich aus, Impfungen nehmen ab, rund 90 Prozent der Kinder gehen nicht zur Schule.

Die Lage wird durch mehrere sich überlagernde Faktoren weiter verschärft:

  • Die Zahl schwerer Verstösse gegen Kinderrechte* ist in zwei Jahren um 1000 Prozent gestiegen. Solche Verstösse beschränkten sich früher auf Regionen wie Darfur, den Blauen Nil und Südkordofan. Doch durch die landesweite Ausbreitung des Konflikts wurden in mehr als der Hälfte der 18 Bundesstaaten gravierende Verstösse festgestellt. Am häufigsten: Tötungen und Verstümmelungen, Entführungen sowie Angriffe auf Schulen und Spitäler. Die meisten Verstösse wurden in den Regionen Darfur, in Khartum, Al-Dschazira und Südkordofan verzeichnet.
  • In mindestens fünf Regionen herrscht bereits eine Hungersnot. Fünf weitere stehen unmittelbar davor, und 17 weitere sind gefährdet. Sieben dieser Gebiete – sechs in Darfur, eines in Nordkordofan – sind zudem überflutungsgefährdet. Zwischen 2022 und 2024 entfielen rund 60 Prozent der jährlichen Aufnahmen wegen schwerer akuter Mangelernährung (SAM) auf die Regenzeit. Sollte sich der Trend bestätigen, könnten zwischen Mai und Oktober dieses Jahres bis zu 462’000 Kinder an SAM erkranken.
  • Auch Krankheitsausbrüche nehmen zu. 2024 wurden bereits 49’000 Cholera- und über 11’000 Denguefälle gemeldet – 60 Prozent davon betrafen Mütter und Kinder. Die Regenzeit verschärft die Situation weiter – durch verschmutztes Wasser, schlechte sanitäre Versorgung sowie zunehmende Vertreibung und Migration.
  • Der Zugang humanitärer Akteure zu Kindern verschlechtert sich zunehmend – sowohl wegen der Intensität der Kämpfe als auch aufgrund bürokratischer Hürden oder Einschränkungen durch Regierungsstellen oder bewaffnete Gruppen. 2024 verzögerten sich über 60 Prozent der UNICEF-Hilfslieferungen wegen der angespannten Sicherheitslage. Obwohl keine Einsätze abgebrochen wurden, erschwerten die Verzögerungen eine rechtzeitige Versorgung.
  • Die Finanzierung lebenswichtiger Leistungen steht auf der Kippe. Gesundheits-, Ernährungs-, Bildungs- und Kinderschutzprogramme könnten bald zum Erliegen kommen – mit tödlichen Folgen. UNICEF bittet um 1 Milliarde US-Dollar für die Hilfe im Sudan im Jahr 2025. Das entspricht nur 76 US-Dollar pro Person im Jahr – oder 26 Rappen pro Tag. Aktuell stehen 266,6 Millionen US-Dollar zur Verfügung, der Grossteil stammt aus dem Vorjahr. 2025 wurden bisher lediglich 12 Millionen Dollar zugesagt.

2024 erreichten UNICEF und Partnerorganisationen 2,7 Millionen Kinder und Betreuungspersonen mit psychosozialer Betreuung, Bildungs- und Schutzangeboten, versorgten über 9,8 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser, untersuchten 6,7 Millionen Kinder auf Mangelernährung und behandelten 422’000 lebensrettend. UNICEF setzt auf Nothilfe in Konfliktgebieten, unterstützt aber auch Vertriebene und Gastgemeinden in sicheren Regionen mit Basisdiensten.

«Der Sudan ist heute die grösste humanitäre Krise der Welt – und doch steht er nicht im Fokus der Weltöffentlichkeit», sagt Russell. «Wir dürfen die Kinder im Sudan nicht im Stich lassen. Wir haben das Wissen und den Willen, unsere Hilfe auszuweiten. Was wir brauchen, ist Zugang, eine verlässliche Finanzierung – und vor allem ein Ende dieses entsetzlichen Kriegs.»

Bleiben Sie dran. 
Erfahren Sie immer das Neueste von UNICEF.