Kinder und Jugendliche sind besonders von der fortschreitenden Digitalisierung betroffen. UNICEF Schweiz und Liechtenstein setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche auch im digitalen Raum geschützt, gefördert und beteiligt werden.
Kinder und Jugendliche mitdenken
Die Digitalisierung ist omnipräsent und betrifft alle Lebensbereiche von Kindern und Jugendlichen, wie Ausbildung, Freizeitgestaltung, Informationsbeschaffung und Kommunikation.
Obwohl Kinder und Jugendliche täglich digitale Anwendungen nutzen, werden sie bei deren Entwicklung nicht mitgedacht: Die meisten Apps, Sozialen Netzwerke und andere digitale Tools werden von Erwachsenen und für Erwachsene entworfen. Dass junge Menschen hier nicht mitgedacht und einbezogen werden, bringt nicht nur viele Risiken, sondern vergeudet Chancen.
Der UN-Kinderrechtsauschuss hat 2021 den General Comment Nr. 25 zu den Rechten von Kindern in Bezug auf die digitale Welt verabschiedet. Es handelt sich dabei um eine offizielle Ergänzung zur Kinderrechtskonvention und das erste internationale Rechtsdokument, welches ausdrücklich die Geltung von Kinderrechten offline als auch online anerkennt.
Kinder und Jugendliche waren noch nie so stark vernetzt wie heute. Weltweit sind bereits 71 % der 15- bis 24-Jährigen online. Einer von drei Internetnutzenden ist unter 18 Jahre. Kinder und Jugendliche kommen immer früher mit der digitalen Welt in Kontakt. Die zunehmende Vernetzung bringt viele neue Chancen, aber auch Risiken mit sich
Die Teilnahme am digitalen Wandel ist für Millionen von Kindern weltweit nicht gleich gewährleistet. Junge Menschen, die keine digitalen Kompetenzen aufweisen, sind benachteiligt und haben schlechtere Zukunftsaussichten. Deshalb ist es besonders wichtig, allen Kindern und Jugendlichen gleichermassen Zugang zur digitalen Welt zu ermöglichen und ihre digitalen Fähigkeiten zu fördern. Essentiell ist dabei, dass mögliche Risiken, die mit der Digitalisierung einhergehen, ernst genommen werden. Dazu gehören neben Kinder- und Datenschutzaspekten auch die Belastung der psychischen Gesundheit durch verschiedene Aspekte.
Mehr zur weltweiten Situation von Kindern und Jugendlichen in Zusammenhang mit Digitalisierung finden Sie im UNICEF Bericht «Children in a Digital World»
Der UN-Kinderrechtsausschuss hat im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens zur Umsetzung der Kinderrechte in der Schweiz 2021 folgende Empfehlungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung gegeben:
- Digitale Kompetenzen von Kindern, Lehrpersonen, Eltern und Betreuungspersonen fördern.
- Die Privatsphäre von Kindern im digitalen Raum durch Vorschriften und Massnahmen besonders schützen.
- Der Schutz und die Sicherheit von Kindern durch die Entwicklung von Standards gewährleisten.
- Die Gesetzgebung muss das Kinderrecht auf Privatsphäre achten und Kinder vor schädlichen Inhalten und Risiken schützen.
- Mechanismen zur Beschwerde und Verfolgung von Verstössen müssen implementieren.
Künstliche Intelligenz (KI) oder «Artificial Intelligence» (AI) hat viele Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Darunter sind sowohl Chancen als auch Risiken, die die neue Technologie mit sich bringt. In der Entwicklung und Regulierung von KI müssen Kinder und Jugendliche mitgedacht werden, damit die Kinderrechte stets gewahrt bleiben.
UNICEF hat dazu 9 Empfehlungen für Unternehmen und Regierungen erarbeitet:
- Die Entwicklung und das Wohlergehen junger Menschen fördern
- Inklusion sicherstellen
- Gerechtigkeit und Nicht-Diskriminierung gewährleisten
- Daten und Privatsphäre schützen
- Sicherheit für Kinder und Jugendliche gewährleisten
- Für Transparenz, Erklärbarkeit und Verantwortlichkeit sorgen
- Regierungen und Unternehmen über AI und Kinderrechte aufklären
- Kinder und Jugendliche für gegenwärtige und zukünftige Entwicklungen im Bereich KI vorbereiten
- Ein förderliches Umfeld für eine kindzentrierte AI schaffen
Lesen Sie hier mehr zu unseren Empfehlungen.
Der digitale Raum bietet Kindern und Jugendlichen unzählige Möglichkeiten, birgt aber auch ernstzunehmende Gefahren. Deshalb ist es besonders wichtig, Kinder und Jugendliche bei ihrer Entdeckung der digitalen Welt zu unterstützen und zu fördern. Dazu gehört auch, sie für die damit einhergehenden Risiken zu sensibilisieren.
«Der digitale Raum ist eine wichtige Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Sie müssen daher auch hier von Anfang an mitgedacht und einbezogen werden.»
Zahlen und Daten zur Situation in der Schweiz und Liechtenstein
Auch in der Schweiz und Liechtenstein ist der digitale Raum eine wichtige Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Verschiedene Studien zeigen die zunehmende Relevanz des Themas und den notwendigen Handlungsbedarf auf.
Im Rahmen des Staatenberichtsverfahren hat UNICEF Schweiz und Liechtenstein die Umfrage «Kinderrechte aus Kinder- und Jugendsicht» durchgeführt. Dabei wurden erstmalig junge Menschen im Alter von 9 bis 17 Jahren zur Umsetzung der Kinderrechte in der Schweiz und in Liechtenstein befragt.
In Hinblick auf Digitalisierung zeigte sich Folgendes:
- Knapp jedes dritte Kind fühlt sich im digitalen Raum nicht sicher.
- Jedes fünfte Kind in der Schweiz sieht Influencerinnen und Influencer als Vorbilder. In Liechtenstein ist es jedes vierte Kind.
- Die Privatsphäre von einem von zehn Kindern wird verletzt, indem Fotos und/oder Videos ungefragt geteilt werden
Bei der MIKE-Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) werden jeweils über 100 Kinder im Alter von 6 und 13 Jahren befragt. Die jüngeren Kinder benutzen das Handy vor allem zur Unterhaltung mit Musik, Games und Onlinevideos. Während Kinder ab 10 Jahren mehrheitlich über soziale Netzwerke kommunizieren. Mehr als die Hälfte der Kinder in diesem Alter besitzt ein eigenes Handy, bei den 12- bis 13-Jährigen sind es bereits drei von vier Kindern.
Mindestens einmal pro Woche nutzen das Handy:
- 40% der 6- bis 9-jährigen Kinder
- 68% der 10- bis 11-jährigen Kinder
- 81% der 12- bis 13-jährigen Kinder
Von den befragten Primaschülerinnen und Primarschülern nutzen:
- 50% Whatsapp
- 37% TikTok
- 28% Snapchat
- 17% Instagram
Der grösste Teil der Kinder sammelte positive Erfahrungen im Internet, allerdings gab knapp die Hälfte der Kinder an, angsteinflössende Inhalte und 40 Prozent kinderuntaugliche Inhalte gesehen zu haben.
Bei der JAMES-Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) werden jeweils 1 000 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren befragt. Die Studie zeigt:
- KI-Tools erobern den Alltag der Jugendlichen im Rekordtempo. Rund 71 Prozent haben bereits Erfahrungen mit ChatGPT und Co. Gemacht.
- Das Smartphone ist für Jugendliche ein wichtiger Alltagsbegleiter. Die beliebtesten Apps, die sog. Big Four, sind Instagram, TikTok, Snapchat und WhatsApp.
- Fast ein Viertel der Befragten hat schon mehrere Male erlebt, dass sie im digitalen Raum beschimpft oder beleidigt wurden. Mehr als ein Zehntel der Jugendlichen hat schon mehrere Male erlebt, dass sie online mit unerwünschten sexuellen Absichten angesprochen wurden oder jemand mit ihnen über Sex reden wollte, wobei Mädchen stärker betroffen sind als Jungen.
UNICEF Projekte und Publikationen
Der digitale Raum ist für Kinder und Jugendliche längst ein fester Bestandteil ihres Alltags. UNICEF Schweiz und Liechtenstein setzt sich für einen gerechten und sicheren digitalen Raum ein, um Kinder und Jugendliche in ihrer Lebensrealität abzuholen und Inklusion zu fördern. Dabei setzen wir einen Fokus auf die Beteiligung junger Menschen.
Vergangene Veranstaltungen rund um Digitalisierung
- Tagung «Kinderrechte digital» 13. September 2022
- Livestream zur Youthfluencer Studie 2. November 2020
- Netzwerktreffen "Digitales Kind - analoge Gemeinde?" 28. Oktober 2019
- Digitaltag Schweiz 3. September 2019
Ihre Ansprechperson
UNICEF Kinderrechte Newsletter
Mit unserem Kinderrechte Newsletter bleiben Sie sowohl über unsere Arbeit in der Schweiz und in Liechtenstein informiert als auch über andere spannende Veranstaltungen und Projekte.