Diverse Nichtregierungsorganisationen fordern Massnahmen zur Verbesserung der mentalen Gesundheit und wollen besonders am Welttag der psychischen Gesundheit auf die prekäre Lage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Schweiz hinweisen.
Am heutigen Welttag der psychischen Gesundheit steht die Parole «mental health is a universal human right» im Fokus. Gute psychische Gesundheit ist ein Kinderrecht. Kinder und Jugendliche stellen eine besonders vulnerable Gruppe dar, deren mentale Entwicklung gestärkt, unterstützt und geschützt werden muss. Die psychische Gesundheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist aber stark beeinträchtigt. Public Health Schweiz, die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV), UNICEF Schweiz und Liechtenstein, die Association romande CIAO sowie Pro Juventute fordern Massnahmen zur Verbesserung der mentalen Gesundheit und wollen besonders am Welttag der psychischen Gesundheit auf die prekäre Lage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Schweiz hinweisen.
NGOs und Jugendliche adressieren die prekäre Lage der psychischen Gesundheit
Dass 37% der 14- bis 19-Jährigen an psychischen Problemen leidet und 29% mit niemandem über ihre Probleme reden, sind alarmierende Erkenntnisse der Studie von UNICEF Schweiz und Liechtenstein. Wartezeiten von mehreren Monaten auf ambulante und stationäre Therapieplätze sowie die Zunahme der Nachfrage, sind Abbild der sich zuspitzenden Situation. Ein erster Schritt zur partizipativen Herangehensweise bezüglich der Ursachenanalyse und Prävention von psychischen Problemen und Erkrankungen junger Menschen wurde an der Tagung vom 24. Mai 2023 umgesetzt. Die zentralen Jugendverbände trafen sich mit den Trägern Public Health Schweiz, der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV), UNICEF Schweiz und Liechtenstein, der Association romande CIAO sowie Pro Juventute zu einer Tagung zum Thema «Zunahme psychischer Probleme bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen». Die Diskussion über Ursachen und Lösungsansätze verlief sehr engagiert. Bei allen Teilnehmenden war die Dringlichkeit zu spüren, etwas gegen die als dramatisch empfundene Situation zu unternehmen.
Ursachen von psychischen Problemen junger Menschen
Angststörungen und Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Problemen. Dies ist angesichts der globalen Multikrise, an der wir täglich medial teilhaben und der wir scheinbar hilflos ausgesetzt sind, nicht verwunderlich. Junge Menschen haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich an Zuversicht in ihre Zukunft verloren, wie aus verschiedenen Langzeitstudien hervorgeht. Dies muss uns beunruhigen.
Im Tagungsbericht werden unter anderem folgende Ursachen erwähnt:
- Fehlende Schutzfaktoren, beziehungsweise eine Häufung von Risikofaktoren, in der frühen Kindheit können die Entwicklung weit über die Jugendzeit hinaus gefährden
- Die Stigmatisierung von psychischen Problemen sowie die Inanspruchnahme von psychosozialen Diensten
- Der steigende Leistungsdruck und Stress in Schule und Lehre, dies vor allem bei Mädchen und jungen Frauen
- Die durch Digitalisierung verursachte Arbeitsintensivierung und die damit verbundene ständige Verfügbarkeit verunmöglichen eine psychische Abkoppelung (psychological detachment) von der Arbeit. Es fehlen somit notwendige Erholungszeiten
- Als weiterer Ursachenfaktor für psychische Probleme junger Menschen wurden die sozialen Medien genannt. Durch den ständigen Vergleich mit erfolgreichen Idealfiguren, mit likes und dislikes und Cybermobbing können die Identitätsentwicklung und das Selbstwertgefühl stark gefährdet werden
- Besonders vulnerabel sind junge Menschen in schwierigen Familienverhältnissen beispielsweise, wenn sie Eltern mit psychischen Problemen betreuen müssen
Empfehlungen aus der Tagung
Basierend auf den Ursachen für psychische Probleme junger Menschen und der Auffassung, dass die mentale Gesundheit ein Kinderrecht ist, sind folgende Empfehlungen entstanden:
- Förderung von Präventionsprogrammen im Kindesalter, welche die Zusammenarbeit der Professionen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich sicherstellen
- Förderung von Projekten, welche der Entstigmatisierung psychischer Probleme und der Inanspruchnahme psychosozialer Dienste dienen, wie etwa von Pro Juventute und der Association romande CIAO
- Verbesserung der Finanzierung niederschwelliger Angebote und deren Bekanntheitsgrad bei jungen Menschen
- Verbesserung der gesetzlichen Grundlagen in der Prävention und Gesundheitsförderung auf nationaler Ebene
- Verbesserung der ungenügenden Versorgungslage von psychisch erkrankten Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch geeignete Massnahmen, personelle Ressourcen und finanzielle Rahmenbedingungen
- Verbesserung der Datengrundlage zur psychischen Gesundheit junger Menschen
- Bereitstellung finanzieller Ressourcen für die Partizipation junger Menschen an der Erarbeitung von Lösungen
Wie gehts weiter?
Das Thema psychische Gesundheit beschäftigt die Öffentlichkeit und die Fachwelt besonders seit der Covid-19 Pandemie, obschon psychische Probleme junger Menschen bereits seit über zehn Jahren zunehmen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass dieser Trend von selbst aufhört. An der Tagung war der dringliche Handlungsbedarf unter Jugendlichen und Fachleuten stark spürbar. Die Trägerschaft wird die Empfehlungen weiterverfolgen und in die Politik tragen. Wir bleiben dran!