Erklärung von UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell zur Lage in Darfur, Sudan.
«Die Zunahme der Kämpfe im sudanesischen Bundesstaat Nord-Darfur hat in den letzten Wochen viele Kinder das Leben gekostet. Die potenzielle Bedrohung eines Militärangriffs auf El Fasher birgt das Risiko einer verheerenden Eskalation. El Fasher ist eine Stadt, die Zuflucht für mindestens 500 000 Menschen bietet, die vor der Gewalt in anderen Landesteilen geflohen sind. Ein Angriff auf die Stadt könnte das Leben und Wohlergehen von 750 000 Kindern und möglicherweise Millionen weiterer Kinder gefährden. Wir appellieren daher an die Konfliktparteien, sich dringend von dieser gefährlichen Konfrontation zurückzuziehen.
Seit der Eskalation der Kämpfe in und um El Fasher vor etwas mehr als zwei Wochen wurden mindestens 43 Menschen getötet, darunter auch Kinder und Frauen. Anhaltende Angriffe, einschliesslich des Einsatzes von Sprengstoff in Wohnvierteln, sind für Kinder besonders gefährlich und werden nur dazu führen, dass noch mehr Kinder vertrieben, verletzt und getötet werden.
Die jüngsten Angriffe auf mehr als ein Dutzend Dörfer in West-El-Fasher haben zu schrecklichen Berichten über Gewalttaten geführt. Diese umfassen sexuelle Übergriffe, Verletzungen und Tötungen von Kindern, das Niederbrennen von Häusern und die Zerstörung lebenswichtiger ziviler Güter und Infrastruktur. Familien - einschliesslich solcher, die bereits zuvor durch den Konflikt vertrieben wurden - sahen sich gezwungen, mit kaum mehr als den Kleidern auf dem Leib zu fliehen. Es gibt besorgniserregende Berichte über Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden oder vermisst werden.
Die Kämpfe und die wachsende Angst vor ethnisch motivierter Gewalt haben viele Familien in überfüllte Flüchtlingscamps wie das Zamzam-Lager und informelle Sammelstellen in und um die Stadt El Fasher getrieben. In vielen dieser Flüchtlingslager gibt es keinen angemessenen Zugang zu Nahrungsmitteln, sicherem Wasser und Unterkünften, was die Kinder zusätzlich gefährdet.
Die Einkreisung von El Fasher durch bewaffnete Gruppen und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit auf wichtigen Strassen aus der Stadt heraus hindern Familien daran, die Stadt zu verlassen. Gleichzeitig führen der erhebliche Mangel an humanitärer Unterstützung und die Unmöglichkeit, kommerzielle Güter zu liefern, zu einem Engpass bei grundlegenden Dienstleistungen sowie zu steigenden Preisen für Wasser, Nahrungsmittel und Treibstoff. Berichten zufolge sind mehr als 330 000 Menschen in El Fasher von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen.
All diese zutiefst besorgniserregenden Entwicklungen finden zu einer Zeit statt, in der die anhaltende brutale Gewalt im Sudan das Land auf eine Hungersnot und einen weiteren katastrophalen Verlust von Menschenleben, insbesondere von Kindern, zusteuert.
Die Konfliktparteien sind aufgefordert, sämtliche Anstrengungen zu unternehmen, um die Situation zu deeskalieren. Sie müssen die sichere Bewegung der Zivilbevölkerung, einschliesslich Kranker und Verwundeter, in Richtung sicherer Gebiete gewährleisten und den Schutz von Zivilisten und ziviler Infrastruktur sicherstellen. Ausserdem sollten sie einen schnellen, dauerhaften und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe ermöglichen – sowohl innerhalb des Sudan entlang der Konfliktlinien als auch über die Grenzen zu den Nachbarländern hinweg.
Die Kinder im Sudan leiden weiterhin unter skrupelloser Gewalt, während ihre Eltern und Grosseltern noch immer die Narben früherer Gewalttaten tragen. Wir können nicht zulassen, dass das so weitergeht.»