Mehr als 16 000 Kinder sind nach dem schwersten Sturm in der Geschichte Afrikas im Osten Libyens auf der Flucht, warnt UNICEF. Ihr psychosoziales Wohlergehen steht auf dem Spiel. Zusätzlich fehlt es an grundlegenden Dienstleistungen im Gesundheitsbereich, Schulbildung und sicherer Wasserversorgung.
Am 10. September traf Sturm «Daniel» den Osten Libyens und hinterliess in Derna, Albayda, Soussa, Al-Marj, Shahat, Taknis, Battah, Tolmeita, Bersis, Tokra und Al-Abyar weitreichende Überschwemmungen und Zerstörung. In Zusammenarbeit mit der Regierung und Partnerorganisationen arbeitet UNICEF seit Beginn der Tragödie vor Ort, um auf die dringenden Bedürfnisse von Kindern und Familien in den betroffenen Gebieten zu reagieren.
«Bei Katastrophen gehören Kinder immer zu den am meisten gefährdeten Personen», betont Adele Khodr, UNICEF-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika, die vor kurzem Al Bayda und Derna besuchte. «Ich habe gesehen, welchen verheerenden Tribut die Überschwemmungen bereits bei Kindern und Familien gefordert haben. Ich habe Familien getroffen, die mit einer hohen psychischen Belastung zu kämpfen haben. Ich habe mit Kindern gesprochen, die in extremer Not sind, von denen viele nicht schlafen und nicht in der Lage sind, sich zu unterhalten und zu spielen». Die Erinnerung an das Geschehene verfolgt unzählige Kinder in ihren Träumen und sie benötigen dringend psychosoziale Unterstützung.
In Libyen machen Kinder etwa 40 Prozent der Bevölkerung aus. Obwohl die Zahl der Kinder unter den Opfern noch nicht bestätigt ist, befürchtet UNICEF, dass Hunderte von Kindern bei der Katastrophe ihr Leben verloren haben. Erheblichen Schäden an der Gesundheitsinfrastruktur erhöhen die Gefahr zunehmend, dass Kinder nicht ausreichend versorgt werden können. Hinzu kommen Problemen bei der Wasserversorgung, erheblichen Schäden an Wasserquellen und Kanalisationsnetzen. Das Risiko einer Verunreinigung des Grundwassers steigt dadurch stark an und durch Wasser übertragene Krankheiten werden ein wachsendes Problem. Allein in Derna sind schätzungsweise 50 Prozent der Wasserversorgungssysteme beschädigt worden.
UNICEF unterstützt die Kinder im Osten Libyens seit dem zweiten Tag der Krise aktiv. Fünfundsechzig Tonnen Hilfsgüter wurden in die betroffenen Gebiete geliefert. Darunter befinden sich unter anderem:
- medizinische Hilfsgüter für 50 000 Menschen
- Hygienesets für Familien für fast 17 000 Menschen
- 500 Sets mit Winterkleidung für Kinder
- 200 School-in-a-Box-Kits
- 32 000 Wasserreinigungstabletten
UNICEF hat ausserdem mobile Kinderschutz- und psychosoziale Unterstützungsteams entsandt, um Kindern bei der Bewältigung der emotionalen Belastung durch die Katastrophe zu helfen.
«Während wir unsere lebensrettenden Massnahmen fortsetzen, appellieren wir auch an die Regierungen und Geber, in einen langfristigen Wiederaufbau zu investieren, der gerecht, widerstandsfähig und auf die Kinder ausgerichtet ist», fügte Khodr nach ihrem Besuch in den von den Überschwemmungen betroffenen Regionen hinzu. UNICEF überarbeitet seinen Aufruf zur humanitären Hilfe in Höhe von 6,5 Millionen US-Dollar, um die ersten Wiederaufbaumassnahmen mit Schwerpunkt auf Bildung, Gesundheit und Wasser zu integrieren. Bislang hat UNICEF etwa 25 Prozent dieser dringend benötigten Mittel erhalten.